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Zeugnis für Demokratie und Rechtstaatlichkeit:Ein Beitrag von Martin Rose zum 9. November 1848

Martin Rose

Als der Bodennebel sich am 9. November 1848 in Brigittenau (Österreich) langsam lichtet, durchbrechen gegen 7:30 Uhr Schüsse die Stille des noch jungen Tages. Es ist die Hinrichtung von Robert Blum, einem Abgeordneten des Parlaments in der Frankfurter Paulskirche. Der Tod Robert Blums steht symbolisch für das Ende der Märzrevolution in den deutschen Landen.

Robert Blum war ein herausragender Vorkämpfer für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Einheit und Völkerverständigung und zählt zu den populärsten deutschen Demokraten. Er wird am 10. November 1807 in Köln geboren. Trotz ärmlicher Verhältnisse besucht er das Jesuitengymnasium. Die Familie kann die Kosten für die Schule aber nicht dauerhaft aufbringen. Er verlässt das Jesuitengymnasium ohne Abschluss und durchläuft mehrere handwerkliche Ausbildungen. Darüber hinaus bildet sich Robert Blum, von einem großen Wissendurst geprägt, autodidaktisch weiter. Sein Weg führt ihn 1832 nach Leipzig und von hier aus weiter in die deutsche Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche. Im Oktober 1848 reist er als Leiter einer Delegation der demokratischen Fraktion der Nationalversammlung nach Wien, um den dortigen Revolutionären eine Sympathieadresse zu überbringen. Nach seiner Verhaftung am 4. November wird er am 8. November zum Tode verurteilt.

Robert Blum wird damit zum Märtyrer und zur Symbolfigur der 1848er Revolution.

Adolph Kolping hat die Ereignisse um die deutsche Nationalversammlung n der Frankfurter Paulskirche mit wachem Auge verfolgt. Dies belegt der Schriftverkehr mit seinem Lehrer an der Universität in München, Professor Döllinger, der 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt worden war. Kolping ritt in seinen Briefen entschieden für die soziale Frage und die daraus resultierende Notwendigkeit eines Katholischen Gesellenvereins ein. Mit Robert Blum hatte er nachweislich keinen Kontakt. Dies wäre auch verwunderlich, da Blum Anhänger und Mitglied der Deutsch-Katholiken war, die Adolph Kolping besonders in Elberfeld bekämpfte.

Mit Antritt seiner Kaplanstelle in Elberfeld wurde Adolph Kolping mit den liberalen und revolutionären Ideen des Vormärz konfrontiert. In der Elberfelder Zeitschrift „Gesellschaftsspiegel“ veröffentlichten Karl Marx, Friedrich Engels und weitere Autoren ihr Gedanken, die im späteren Kommunistischen Manifest ihre endgültige Ausformulierung fanden.

Eines der wichtigsten Zeugnisse für Kolpings Einstellung zur freiheitlich-liberalen Bewegung ist seine Ansprache vom 28. März 1848 für die Märzgefallenen in Berlin (18. März 1848).

Die Bevölkerung Elberfelds war zum Gedenken an die Märzgefallenen in die Laurentiuskirche eingeladen. In der „Täglichen Anzeiger“ ist über dieses Ereignis folgendes geschrieben: „Der von Kaplan Kolping gehaltene Kanzelvortrag war nicht minder ergreifend, als er sich den gegenwärtigen großen Zeitereignissen anschloss.“

In der „Elberfelder Zeitung“ war zu lesen: In der darauf gehaltenen Predigt wies der Redner, Kaplan Kolping, in einem mit Wärme und Begeisterung gehaltenen Vortrage auf die Erhabenheit des Heldentodes für das Vaterland und die Freiheit hin und ging, nachdem er zum Danke für die Hochherzigkeit der Gefallenen aufgefordert hatte, dahin über, daß es jetzt an uns sei, die großen Errungenschaften auf dem gesetzlichen Wege zu bewahren und zu vermehren, mit dem Wunsche anschließend, daß die noch gärenden Elemente in friedliche Gestaltung sich vereinigen und dadurch eine neue Ära für unser teures Vaterland, für die ganze Menschheit gründen möchten.“

Die Zeitung vermerkt im Anschluss noch, dass sich Kaplan Kolping ausdrücklich bei der Gemeinde für das Glockengeläut bedankte, welches die protestantischen Pastoren verweigert hätten.

Den freiheitlich-liberalen Ideen steht Kolping positiv, fast schon begeisternd gegenüber. Die liberalen Ideen der deutschkatholischen Gemeinde bekämpft er dagegen mit aller Härte.

Nachdem Kolping im März 1849 Elberfeld verlassen hat, muss er die Auflösung des Parlaments in der Paulskirche sowie die Verweigerung der Krone und das Einsetzung einer Verfassung durch den Preußischen König zur Kenntnis nehmen. Die 1848 formulierten Hoffnungen waren nicht aufgegangen. Aufgrund der Ereignisse kam es vom 7. bis zum 17. Mai 1849 zum „Elberfelder Aufstand“, der deutschlandweit zu den bedeutendsten „Widerstandshandlungen zur Verteidigung der liberal-demokratischen Reichsverfassung“ zählt.

Preußen verhängte den Belagerungszustand und rief die Landwehr ein. Nicht alle Männer folgten dem Aufruf, denn die Einberufung diente der Unterdrückung der demokratischen Elemente, die in der Märzrevolution 1848 für die Demokratie gekämpft hatten. 153 Landwehrmänner verweigerten den Gehorsam und so rückten am 9. Mai 1849 Düsseldorfer Ulanen vom Steinbecker Bahnhof mit zwei Geschützen in die rebellierende Stadt ein. Nach einem ersten Aufeinandertreffen sich das Militär zurück, in der Stadt wurden Barrikaden errichtet, die größte an der Einmündung Herzogstraße auf den Wall, gegenüber dem alten Elberfelder Rathaus. Wie schon in Berlin sind es mehrheitlich Handwerker, die die Barrikaden besetzen. Am Abend des 9.Mai 1849 ging das Militär gegen die „Aufständischen“ vor, Schüsse fallen. Der preußische Kompaniechef starb, ebenso drei Verfassungstreue: Matthias Buchmüller, ein 38jähriger Tagelöhner, Johann Buschmann, 28 Jahre alter Färber und Wihelm Kranefeld, 45, der von Beruf Schumacher war. Das Militär zog sich zum Königsplatz zurück und verließ am nächsten Tag die Stadt. Adolph Kolping hätte sicher auch diesen „Maigefallenen“ eine von Wärme und Begeisterung getragene Predigt gewidmet.

Robert Blum sowie unser Verbandgründer Adolph Kolping sollten uns in unserem Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein Vorbild sein. Die Katholischen Gesellenvereine waren einst Lehrwerkstätten für Demokratie, lasst unsere Kolpingsfamilien heute Lehrwerkstätten für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung sein.

Treu Kolping

Euer/Ihr

Martin Rose

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