"Im Herbst 2022 stand Alessia schüchtern in meiner Bürotür. Ohne Termin, natürlich ohne Termin - Die Hälfte aller jungen Menschen kommen ohne Termin. Sie hatte unseren Flyer in der Hand und keine Idee wie es weitergehen sollte, aber den festen Wunsch, eine neue berufliche Perspektive zu entwickeln. Alessia hat 2020 die Hauptschule mit einem 10. Klasse-Abschluss während des ersten Lockdowns verlassen und keinen Ausbildungsplatz gefunden. Sie lebte mit ihrem Vater in einer Kleinfamilie, nach dem die Mutter die Familie mit der jüngsten Tochter verlassen hatte.
Als Alessia zu mir in die Beratung kam, hatte sie gerade ihren Aushilfsjob in einem Coronatestzentrum verloren. Coronatestzentren wurden plötzlich nicht mehr gebraucht. Alessia hatte ihren Job immer gerne gemacht, weil sie es mag mit Menschen zu arbeiten. Über ihre Wünsche und Fähigkeiten hatte sie sich noch keine Gedanken gemacht.
Eine Ausbildung zu absolvieren, war für sie bisher eigentlich keine Option gewesen. Früh heiraten und eine Familie gründen, erschien ihr immer als gute Perspektive. Einen passenden Heiratskandidaten gab es zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht. Alessia konnte sich daher gut auf die individuelle Beratung einlassen.
Eine Ausbildung im Dienstleistungssektor mit viel Kontakt zu Menschen sollte es werden. Alessia lernte Bewerbungen zu schreiben, Stellenrecherche und das richtige Auftreten bei einem Vorstellungsgespräch. Auch auf der persönlichen Ebene entwickelte Alessia sich rasant. In ihrem Streben nach Unabhängigkeit war die junge Frau nicht mehr zu bremsen. Und dann ging alles ganz schnell! Auf einen Ausbildungsplatz zur Servicekraft bei der Deutschen Bahn bewarb sie sich ganz spontan. Bei einem Onlinevorstellungsgespräch überzeugte sie die Personalerin.
Ausbildungsstart: 01.09.2023, Berufsschule und zentraler Ausbildungsort in Karlsruhe. In Karlsruhe! Oh je. Das war ein Schock. Von zu Hause weg? So sicher fühlte sich Alessia, trotz ihrer neu erwachten Unabhängigkeit doch nicht. Und an dieser Stelle kam uns tatsächlich das Wirken von Adolf Kolping zur Hilfe. Die nächste zwei Ausbildungsjahre wohnt Alessia jetzt nämlich im "Kolping Jugendwohnen Karlsruhe gGmbH".
Aus Alessia ist eine mutige unabhängige Frau geworden, die ihren Weg gehen wird. Und wie Adolf Kolping schon sagte: „Wer Gutes unternimmt mit Vertrauen auf Gott, hat doppelten Mut, der Mut wächst nämlich immer mit dem Herzen, und das Herz wächst mit jeder guten Tat."